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Der Pfad der Pferde,
das Leben mit Pferden nach Art der nördlichen Prärieindianer
Unten
findest du einige Auszüge aus meinem Buch "Der Pfad der Pferde",
in dem Indian Horsemanship, die Ausbildung von Pferden nach
indianischer Art, beschrieben wird.
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Mitakuye Oyasin
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Mitakuye
Oyasin ist Lakota und heißt soviel wie "Alle sind meine
Verwandten". Es ist ein Ausdruck von Dank und Respekt vor der
Schöpfung, von der wir ein Teil sind. Denn alle Wesen aus dem
Reich der Steine, der Pflanzen, der Tiere und der Menschen sind unsere
Verwandten.
Meine
indianische Tradition der Pferdearbeit ist keine konservative Methode.
Sie gründet sich wohl auf einem soliden Fundament alten Wissens
und vor allem erprobter Methoden, ist jedoch offen für Neuerungen,
sofern sie sich als brauchbar erweisen, und ist ständig bereit,
überholte Erkenntnisse durch neue zu ersetzen.
Auch die
Kultur der amerikanischen Ureinwohner hat sich entwickelt und
entwickelt sich weiter. Gerade die Geschichte des Verhältnisses
zwischen Indianern und Pferden ist eine Geschichte ständigen
Fortschritts und der pragmatischen Adaption neuer Möglichkeiten.
Noch vor fünfhundert Jahren war das Pferd den Völkern der
nordamerikanischen Ebenen unbekannt. Innerhalb von zweihundert Jahren
entwickelte sich zum Beispiel das Volk der Nemene, besser bekannt als
Comanche, durch das Pferd von einer steinzeitlichen Gesellschaft zu
einer mächtigen Nation, deren Reichtum auf riesigen Pferdeherden
basierte und die in Bezug auf Pferdezucht und reiterliches Können
die neidvolle Anerkennung nicht nur anderer indigener Völker
sondern auch der europäischen Agressoren besaß.
Das Volk der
Lakota, auch bekannt als Sioux, entwickelte sich von einem kleinen
Stamm, der westlich der Großen Seen Ackerbau betrieb, zu einer
Nation, die mithilfe des Pferdes ihr jetziges Territorium besiedelte
und eine neue große Kultur schuf, die für die Mehrzahl der
Europäer stellvertretend für die indianische Lebensweise
schlechthin steht.
Die Nimipu,
als Nez Percé bekannt, wurden von wandernden
Kleintierjägern innerhalb weniger Generationen zu den
Begründern und Züchtern einer der bekanntesten amerikanischen
Pferderassen, dem Appaloosa.
All diese
Völker haben ihr Wissen über Pferde historisch gesehen
innerhalb kürzester Zeiträume entwickelt. Schon wenige
Generationen genügten, um "Shunka", den Hund, als universelles
Arbeitstier durch "Shunka Wakan", den heiligen Hund, wie die
amerikanischen Ureinwohner der Teton-Sprachfamilie das Pferd nannten,
zu ersetzen. Was ihnen dabei half, war ihre generelle Sicht auf alle
Tiere als dem Menschen gleichwertige Teile der Schöpfung und ihre
Fähigkeit, sich an neue Bedingungen anzupassen.
Beide
Faktoren sind auch die Grundlagen des Indian Horsemanship, meiner
Arbeit mit Pferden nach der Methode der Prärievölker. Wenn
ich mit meinem vierbeinigen Bruder rede, behandele ich ihn als Wesen
der Schöpfung, das mit mir auf einer Stufe steht. Wenn ich neue
Forschungsergebnisse zitiere, dienen sie der Erklärung bekannter
Phänomene und zeigen mir, dass wissenschaftliche Erkenntnis kein
Gegensatz zu traditioneller Erfahrung bedeuten muss. Und wenn ich mich
bei der medizinischen Versorgung des Pferdes neben traditioneller
Gesundheitsvorsorge auch auf die Errungenschaften der pharmazeutischen
Forschung stütze, dokumentiere ich, dass Bewahrung von Tradition
nicht bedeuten darf, Fortschritt um jeden Preis abzulehnen.
Mitakuye Oyasin!
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Der Pfad der Pferde
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Die Arbeit mit Pferden nach der Methode der nördlichen Prärieindianer folgt einem einfachen Grundsatz:
Nithashunke iwoglake shni yo, eeye kich'hi woyaglakin kte hech'ha!
Sprich mehr mit deinem Pferd als über dein Pferd!
Dein Pferd ist nicht dumm. Es begreift,
dass du kein Pferd bist und erwartet von dir auch nicht, dass du dich
wie ein Pferd benimmst. Selbstverständlich sollst du deine
Erfahrungen bei der Beobachtung deines und anderer Pferde in die
Kommunikation mit deinem Pferd einfließen lassen. Falls du jedoch
versuchst, eine Leitstute in ihrem Verhalten zu imitieren, wirst du
kläglich scheitern. Dein Pferd wird in dir niemals einen
Leithengst oder eine Leitstute sehen, aber dein Pferd kann dich als
Menschen akzeptieren und dir auch als Mensch folgen, wenn es erkannt
hat, dass du es bist, der die Verantwortung für sein Wohlergehen
trägt und ihr gerecht wird.
Es ist
schön, wenn dein Pferd weiß, dass es sich in jeder Lage auf
die Richtigkeit deiner Entscheidungen verlassen kann. Aber du hast ihm
etwas Wichtiges genommen, wenn du ihm keine eigene Meinung mehr
lässt oder seine Äußerungen übersiehst und
missachtest. Wenn dein Pferd weiß, dass sein eigener Verstand
auch geachtet ist, wird es in Situationen, die dich überfordern,
die Verantwortung für dein Leben übernehmen und dich nicht im
Stich lassen. Du magst die größere Denkleistung vollbringen
können, hast vielleicht technischen Verstand und
Organisationstalent und kannst vorausschauend planen und handeln. Dein
Pferd besitzt jedoch die größere Körperkraft,
verfügt über Sinne, die den deinen überlegen sind und
einen Instinkt, der dir nicht ohne Weiteres zugänglich ist.
Wenn du erwartest, dass dein Pferd dir
vertraut, musst du ihm auch zeigen, dass du ihm vertraust. Vertrauen
ist wie ein Spiegel. Es kommt niemals mehr aus einem Spiegel heraus,
als hineingeht. Du kannst dein Spiegelbild nicht sehen, ohne dich vor
den Spiegel zu stellen. Beginne also damit, dein Pferd darum zu bitten,
dich nicht im Regen stehen zu lassen, und vertraue darauf, dass es das
auch nicht tun wird. Wenn dein Vertrauen fest und ohne jeden inneren
Zweifel ist, wird dein Pferd das spüren und dich nicht
enttäuschen. Solltest du jedoch noch unsicher sein, warte lieber
noch etwas und baue zunächst das gegenseitige Vertrauen weiter
auf. Dein Pferd hat ein sehr feines Gespür für deine innere
Haltung.
Vergiss nicht, dein Pferd ist kein
Gebrauchsgegenstand, sondern dein Verwandter in der Schöpfung.
Behandle es achtsam und respektvoll, teile mit ihm Liebe und Freude und
bleibe dabei bescheiden. Es wird dir dafür alles schenken, was es
zu geben hat, und das kann mehr sein, als du dir erträumst.
Mehr über Indian
Horsemanship, die Ausbildung von Pferden nach indianischer Art, findest
du in meinem Buch "Der Pfad der Pferde".
"Der Pfad der Pferde" kann direkt bei
mir zum Preis von € 16,80 versandkostenfrei bestellt werden. Es
ist auch über jede Buchhandlung lieferbar (ISBN 978-3-8442-8975-6).
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Mit Pferden reden
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Die Legende erzählt, dass die
Beduinen in der arabischen Wüste ihren persönlichen
Kriegspferden jeden Abend die hundertste Sure des Korans "Die
Laufenden" ins Ohr geflüstert haben. Die Cowboys auf den
großen Rindertrails im neunzehnten Jahrhundert haben während
der Nachtstunden beim Hüten der Herden ihren Rindern und Pferden
etwas vorgesungen und die Krieger der Comanchen auf den texanischen
Plains haben ihren Pferden auf langen einsamen Ritten die Legenden der
Großväter erzählt.
Möglicherweise sind es in allen
Fällen nicht die Worte, sondern der Tonfall und die Stimme, die
auf das Pferd einwirken. Wenn du mit deinem Pferd sprichst, rede mit
ihm, wie mit einem erwachsenen Menschen. Dann sind Stimme und Ton
authentisch und das Pferd lernt, dich zu verstehen. Wir wissen nicht,
wie weit ein Pferd Emotionen hat, die denen des Menschen vergleichbar
sind, zumindest fehlen wissenschaftliche Nachweise. Aber es gilt als
sicher, dass das Pferd an menschlichen Emotionen Interesse zeigt. Es
lernt zu unterscheiden, ob wir ernst oder liebevoll sprechen, es merkt,
dass ein leise gesungenes Lied der Beruhigung dient und nicht der
Ausbildung.
Ich
habe Ställe kennen gelernt, in denen die Pferde ruhig in ihren
Boxen standen, in denen nur ein gelegentliches Schnauben zu hören
war. Das war dort, wo die Besitzer der Pferde nur kamen, um ihre Tiere
zu putzen, zu satteln und zu reiten und dann wieder abstellten. Dabei
unterhielten sich wohl die Reiterinnen und Reiter, aber niemand sprach
mit den Pferden. Überdies gab es unter den Einstellern Spannungen
und jeder kümmerte sich ausschließlich um sein Pferd,
während er die anderen Tiere kaum eines Blickes würdigte.
In einem anderen Stall waren die Pferde
regelrecht kommunikativ. Ein Schimmel wieherte aus seiner Box quer
über den Hof, weil er den Besitzer seines Weidegenossen sah und
begrüßte, in einem anderen Stalltrakt wurde jeder Besitzer
eines der dort stehenden Pferde nicht nur von seinem eigenen sondern
von allen Pferden mit Brummeln begrüßt, während fremde
Besucher nur beäugt wurden. In diesem Stall war es üblich,
dass die Reiter während des Putzens mit den Pferden redeten. Sie
begrüßten nicht nur ihre eigenen Pferde, sondern auch die
Stallnachbarn aufmerksam und namentlich. Ebenso gab es auch unter den
Pferdehaltern keine Spannungen. Eine solche Atmosphäre
überträgt sich sehr schnell auf die Tiere.
Es gibt einige populäre
Pferdetrainer, welche propagieren, sich dem Pferd gegenüber verbal
zurückzuhalten. Mit dem Argument, Pferde äußerten sich
auch nur in wenigen Fällen akustisch und nähmen den Menschen,
der zu viel spricht, nicht für voll, beschränken sie sich auf
wenige akustische Kommandos.
Selbstverständlich ist die
körperliche Kommunikation mit dem Pferd während des Reitens
und der Ausbildung von größter Wichtigkeit und darf
keinesfalls vernachlässigt werden. Allerdings weiß mein
Pferd, dass ich als Mensch akustisch kommuniziere. Es sieht, dass ich
mit anderen Menschen rede statt mich an ihnen zu reiben, an ihnen zu
schnuppern oder sie zu schubsen. Es weiß, dass ich kein Pferd bin
und fühlt sich nicht akzeptiert, wenn ich mit ihm anders
kommuniziere als mit Menschen. Ebenso, wie ein Pferd von einem Hund
erwartet, dass er bellt, erwartet es von einem Menschen, dass er
spricht. Ein sprechender oder wiehernder Hund macht ein Pferd
misstrauisch.
Nithashunke thawachin t'at'a shni yelo!
Dein Pferd ist nicht dumm!
Also darf und soll ich auch mit meinem
Pferd sprechen. Nicht in Kindersprache oder wie mit einem Kuscheltier,
sondern wie mit einem Freund. Wenn ich den Stall betrete,
begrüße ich es, nenne es beim Namen und vergesse auch seine
Stallnachbarn nicht. Wenn ich mich verabschiede, spreche ich auch
davon, wann ich wiederkomme und was wir morgen gemeinsam unternehmen
werden. Einem neuen Pferd kann ich in einem ruhigen Gespräch
erzählen, dass wir jetzt miteinander arbeiten werden und ich
für sein Futter sorgen werde. Ich rede mit meinem Pferd, wenn ich
es am Strick über dem Hof führe und es geht dabei neben mir
und sieht mich aufmerksam an. Dabei kann ich ihm auch erklären,
dass nur Maulesel sich ziehen lassen, Partner und Freunde aber
nebeneinander gehen.
Sprich auch während eines Ausritts
im Gelände mit deinem Pferd. Sei dabei aufmerksam und beobachte
die Umgebung und weise dein Pferd in ruhigem Ton auf alles hin, was du
entdeckst. Ein Pferd, das etwas Unbekanntes sieht, wird sich nicht mehr
erschrecken oder gar scheuen, wenn es weiß, dass sein Reiter es
schon bemerkt hat und offenbar keine Gefahr sieht. Besonders in
bewaldetem Gebiet gibt es viele Dinge, die ein Pferd plötzlich
erschrecken können, sei es ein flüchtendes Reh oder ein
Skiläufer. Alles, was du vor deinem Pferd entdeckst und
ansprichst, wird von ihm nicht mehr als potentielle Gefahr
wahrgenommen. Pferde sind Fluchttiere, und der Instinkt, vor
Unbekanntem vorsichtshalber erstmal zu fliehen, ist tief verwurzelt.
Was jedoch nicht mehr unbekannt ist, verursacht auch keinen
Fluchtreflex.
Das umsichtige Verhalten des Reiters im
Gelände und seine beruhigende Stimme machen ihn in dieser
Situation auch zum Leittier. Ein Pferd, das weiß, dass es nicht
nach Raubtieren, Angreifern und anderen Gefahren Ausschau halten muss,
kann seine Aufmerksamkeit auf den Boden richten. Dort gibt es genug
Dinge, die der Reiter leicht übersehen kann, wie
Kaninchenlöcher, Baumwurzeln, Felsen oder Schlamm. Natürlich
achte ich als Reiter auch auf den Weg und besonders auf den Boden und
selbstverständlich beachtet mein Pferd auch die Umgebung
während eines Ausritts, aber wir können die Schwerpunkte klar
festlegen. Als Mensch habe ich zwar nicht so scharfe Augen wie mein
Pferd aber gänzlich anders ausgebildetes Sehvermögen - ich
nehme meine Eindrücke differenzierend auf, das Pferd jedoch
assoziierend. Warum sollen wir nicht lernen, uns zu ergänzen? Auch
in einer Herde wechseln die Aufgaben immer wieder.
Alles bisher gesagte bedeutet
natürlich nicht, dass ich zur Quasselstrippe werden muss. Zur
Kommunikation mit meinem Pferd gehört auch, dass ich mir die Zeit
nehme, Stunden lang auf der Weide zu sitzen und ihm beim Grasen
zuzusehen. Beim Weiden fahren Pferde die Kommunikation untereinander
auch herunter. Es genügt ein gelegentlicher Blickkontakt und die
Gewissheit, dass die Welt in Ordnung ist. Während ich dabei lerne,
welches Gras mein Pferd bevorzugt oder welche Kräuter ihm
zwischendurch als Leckerbissen dienen, lernt mein Pferd, dass ich auch
präsent sein kann, ohne von ihm Leistung zu fordern. Dabei habe
ich schon erlebt, dass mein Pferd, nachdem ich in der Sonne
eingeschlafen war, sich so postiert hat, dass ich von den anderen
Tieren auf der Weide abgeschirmt war. Ein so gewachsenes
Vertrauensverhältnis gestattet auch, dass ich mich bei schlechtem
Wetter zu meinem Pferd in der Stallbox ins Stroh setze und mit ihm
gemeinsam still bin und wir nur die Gegenwart des Anderen
genießen.
Kommunikation
ist zweiseitig. Sie besteht nicht nur aus Reden sondern auch aus
Verstehen. So, wie mein Pferd lernt, mich zu verstehen, muss ich mich
auch bemühen, mein Pferd zu verstehen, besonders, weil für
mein Pferd Mimik und Gestik sehr wichtige Formen der Kommunikation
sind, während ich mich primär über die Sprache
verständlich mache. Auch wenn viele Pferde im Laufe ihres Lebens
manche individuelle Ausdrucksformen entwickeln, gibt es einige
grundsätzliche Verhaltenformen, die ich verstehen muss.
Zur
kommunikativen Mimik des Pferdes gehören die Bewegungen der Ohren
und der Lippen. Legt ein Pferd die Ohren an und streckt den Kopf vor,
ist Vorsicht geboten, es ist in agressiver Stimmung. Wenn es mir
zusätzlich sein Hinterteil zuwendet, ist es meist schon zu
spät für mich, denn der folgende Tritt kommt so schnell, dass
das Auge ihm kaum folgen kann, geschweige denn, ich ihm ausweichen
kann. Ein Pferd trifft gewöhnlich sein Ziel mit den Hufen.
Fehlschläge sind so selten, dass man mit ihnen erst gar nicht zu
rechnen braucht. Das bedeutet umgekehrt auch, das hinter einem Tritt
immer eine feste Absicht steht.
Dreht ein
Pferd jedoch die Ohren zu mir, signalisiert es Aufmerksamkeit. Das kann
gespannte, misstrauische Aufmerksamkeit sein, es kann aber auch
entspannte und freundliche Aufmerksamkeit sein. Die letztere
wünsche ich mir von meinem Pferd für unsere Trainingsstunden.
Die
freundliche Aufmerksamkeit erkenne ich an den Ohren und die Entspannung
signalisiert mir das Maul meines Pferdes. Wenn die Lippen spielen und
das Pferd Kaubewegungen macht, ist es entspannt. Auch dass es mit den
Lippen an meiner Keidung oder mit meinem Haar spielt, ist ein Zeichen
von Freundlichkeit. Es ist eine Geste des näheren Kennenlernens.
Natürlich darf das nicht mit dem aufdringlichen Durchsuchen nach
Leckerbissen verwechselt werden, welches sich Pferde schnell
angewöhnen, wenn man zu häufig versucht, sie durch Bestechung
zu gewinnen.
Ein Pferd
ist kein Hund. Hunde sind Raubtiere, Pferde sind Fluchttiere, Hunde
jagen nach Beute, Pferde bemühen sich, nicht zur Beute zu werden.
Entsprechend unterscheidet sich ihr typisches Gebahren von einander und
entsprechend sollte ich auch darauf Rücksicht nehmen, dass vieles,
was einem Hund angenehm oder freundlich erscheint, einem Pferd eher
unangenehm und lästig ist. Pferde begrüßen sich durch
Schnauben oder Brummeln und indem sie sich einander von der Seite
nähern und den Atem des anderen Pferdes erschnuppern. Entsprechend
verstehen die meisten Pferde eine Annäherung von vorn als
potentielle Agression und ich gewinne ein Anfangsvertrauen, wenn ich
mich einem Pferd, das mich erst wenig kennt, ebenfalls von der Seite
nähere. Dabei blicke ich ihm nicht direkt in die Augen sondern
beachte lediglich seine Mimik und Gestik. Wie bei Indianern gilt auch
bei Pferden der direkte Blick in die Augen als unfreundlich. Das Zeigen
des Handrückens wird von einem Pferd eher als freundliche Geste
verstanden als das Zeigen der offenen Handfläche. Grund dafür
ist, dass ein Pferd den Handrücken mehr mit einem Pferdemaul
assoziiert, die Handfläche jedoch mit einer Klaue. Wenn ich dem
Pferd Gelegenheit gebe, meinen Atem zu riechen, indem ich meinen Kopf
langsam atmend an sein Maul bringe, muss ich in der Regel nicht
befürchten, gebissen zu werden, denn ich biete eine Geste des
Vertrauens. Ich sollte dann aber auch nicht den Atem eines Raubtieres
haben.
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Seilhalfter
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Mein
Seilhalfter aus sechs Millimeter starkem Naturhanf ist in der Praxis
der Pferdearbeit aus den Knotenhalftern der legendären
indianischen Reitervölker und ihrer Pferdetrainer entstanden.
Ein normales
flaches Halfter aus Gurtmaterial mit Führstrick hat nur eine
geringe Wirkung, weil das flache Halfter zu breit ist. Daher kann es
dem Pferd meine Signale nicht übermitteln, wenn wir trainieren.
Ein Seilhalfter wirkt anders, denn das relativ dünne Seil zusammen
mit den Knoten übt einen leichten Druck aus, dem das Pferd schnell
nachzugeben lernt. So übermittelt das Seilhalfter meine
Botschaften an das Pferd.
An eine
typisches flaches Stallhalfter kann sich das Pferd "anlehnen" und damit
die Ausbildung erschweren. Seilhalfter funktionieren, weil das relativ
dünne Seil bewirkt, dass das Pferd seinem eigenen Druck nachgibt,
der ihm beibringt, sich nicht anzulehnen. Dennoch ist das Seil weich
und komfortabel für das Pferd, wenn das Pferd nachgiebig ist. Die
strategisch angebrachten Knoten am Halfter helfen auch bei diesem
Prozess. Ein Seilhalfter wirkt dennoch für das Pferd wenig
störend.
Hanf
ist dazu ein nachwachsender Rohstoff, der als Naturprodukt weniger
bruch- und wetterfest als Kunstfasertauwerk ist. Das verringert die
Verletzungsgefahr für das Pferd und ist umweltfreundlich.
Das
Seilhalfter wird wie jedes andere Halfter mit dem Nasenteil über
das Maul deines Pferdes gestreift. Die Schlaufe zum Schließen
liegt dabei an der linken Seite und das lange einzelne Ende wird von
rechts hinter dem Kopf zur Schlaufe geführt und mit einem
einfachen Schotstek geschossen.
Das
dazugehörige Mehrzweckseil kann entweder als Zügel oder
Führstrick benutzt werden. Für die Anwendung als Zügel
wird jeweils ein Ende des Stricks in eine Kinnschlaufe geknotet, als
Führstrick wird ein Ende durch beide Schlaufen geknotet. Dazu wird
ebenfalls der oben beschriebene Knoten benutzt.
Ein
Seilhalfter kann mit handwerklichem Geschick und etwas Verständnis
für Knoten selbst hergestellt werden. Wenn du nicht die
Möglichkeit hast, das Material zu beziehen, oder Schwierigkeiten
bei der Anfertigung hast, kannst du allerdings auch ein fertiges
Halfter kaufen.
Wie man
sehen kann, macht es Zwei- und Vierbeinern viel Vergnügen, mit
Seilhalfter und ohne Sattel einen Spazierritt zu unternehmen. Es ist
ein entspannendes Erlebnis von sehr ursprünglicher und
natürlicher Art.
Eine
ausführliche Anleitung mit Fotos und Zeichnungen zur einfachen
Fertigung eines indianischen Seilhalfters nach Maß für dein
Pferd findest du in meinem Buch "Der Pfad der Pferde".
"Der Pfad der Pferde"
kann direkt bei mir zum Preis von € 11,80 versandkostenfrei
bestellt werden. Es ist auch über jede Buchhandlung lieferbar (ISBN 978-3-8442-8975-6).
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